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Türchen Nr. 13 "Tag"

Ins Herz gegraben

 

Ich hatte mir geschworen, mir nie wieder einen Hund anzuschaffen. Nie würde ich vergessen können, wie schlimm es Rex, meinem treuen Dackel, in seinen letzten Tagen ergangen war. Er jaulte, sobald man ihn nur berührte. Es bestand keine Hoffnung mehr. Eines Mittags war ich aus der Schule gekommen, und er war weg. Mutti hatte ihm die letzte Ehre erwiesen. Ich hätte es nicht gekonnt. Von daher keinen Hund. Mein Vater hatte einen Hund adoptiert, das reichte mir. Ich liebte Brown, seine Pose und seine Miene, die ihm fast ein Lächeln verlieh. Gerne ging ich mit ihm aus, aber so einen eigenen Hund haben, niemals. Dachte ich.

 

Das erste, das wir von Bianca mitbekamen, war ihre herzzerreißende Stimme. Sie hasste es, alleine zu sein, und das war sie oft. Ihr Geheul war so unerträglich, dass Lisa anbot, sie zu uns in den Garten zu nehmen. Da hätte sie auch einen Freund, wenn wir Brown betreuten. Beide Hunde verstanden sich auf Anhieb. Eine Weile ging das auch sehr gut. Bis zu jenem 24 Dezember.

Bestürzt kam Vater mit der Kleinen nach Hause. „Die Arme. Sie müssen sie hergeben.“

Betroffen sah meine Schwester beide an. Als ob Bianca jedes Wort verstanden hätte, sprang sie Lisa auf dem Schoß, lehnte den Kopf an ihre Schulter. Fragend sah sie zu ihr auf. Lisa tätschelte ihr Köpfchen. „Ich habe verstanden. Du kommst zu uns.“

Am Abend stand ich vor vollendeten Tatsachen. Geärgert habe ich mich nicht, auch ich bin Biancas Charme verfallen.

 

 (Lucy Engel, Autorin aus Luxemburg)

 


Verschwindibus

 

Das Museum der verschwundenen Dinge war 24 Stunden am Tag geöffnet, daher konnte Jela die schwere Eingangstür auch um Mitternacht aufstoßen, um in die kreisrunde Empfangshalle zu stolpern.

„Wen haben wir denn da?“ Jela machte einen Schritt zurück, als riesige blaue Augen durch enorme Brillengläser auf sie herab blinzelten. „Ah, eine junge Dame, wie ich sehe. Kann ich dir helfen?“

„Mogo ist fort. Ich kann ihn einfach nicht mehr finden!“ Sie versuchte tapfer, nicht in Tränen auszubrechen, doch ihre Stimme zitterte.

„Das ist schlimm. Komm mit in mein Büro, da sehen wir weiter.“

 

Im Handumdrehen fand Jela sich in einem bequemen Ohrensessel wieder, eingewickelt in eine warme Decke, einen Becher mit dampfender Schokolade in den Händen.

„‘Mogo‘ sagtest du? Hm, ja, das ist in der Tat seltsam.“

Mit klebrigem Schoko-Schnurrbart sah Jela alarmiert auf. Sie hatte inzwischen mitbekommen, dass die gigantische Brille auf der schmalen Nase des dünnsten Mannes saß, den sie je gesehen hatte. Dieser blätterte geschäftig in den Seiten eines gewaltigen Atlanten.

„Tja, das ist ein typischer Fall von Verschwindibus, fürchte ich.“ Er blickte Jela ernst an, die sich jetzt noch größere Sorgen machte.

„Weißt du, wo er jetzt ist?“

Bedauernd schüttelte der gelehrte Mann den Kopf. „Seit ein paar Jahren kommt es immer wieder kurz vor Weihnachten zu diesen sonderbaren Fällen. Überall verschwinden geliebte Puppen und Stofftiere, um später bei anderen Kindern als Geschenk wieder aufzutauchen. Man munkelt, dass die Anti-Weihnachtsfee dahintersteckt.“

Still hörte Jela zu. Sie musste also nur diese Fee finden, um Mogo zurückzubekommen!

 

 (Anathea DellEste)

 

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