Und da er nun einmal der Sohn des Königs war, beschloss er, dass das Mädchen seine Gemahlin werden und fortan nur noch ihn mit ihrem Gesang unterhalten sollte. "Wenn dies die Leiter ist, auf welcher man hinaufkommt, so will ich morgen mein Recht einfordern." Und so kehrte er am folgenden Tag zum Turm zurück und rief: "Rapunzel, Rapunzel, lass dein Haar herunter."

Alsbald erschien das liebliche Antlitz der Gerufenen, die neugierig hinunter spähte, zu wem die fremde Stimme gehören mochte. Verblüfft schaute sie auf den dicklichen, schwitzenden Jüngling vor ihrem Turm. „Wer bist du? Und was hast du mir zu bieten?“, verlangte Rapunzel zu wissen, da sie sich ihre Gesellschaft gut aussuchte.

„Ich bin dein Prinz, der Sohn des Königs, und ich befehle dir – lass dein Haar für mich herab, denn ich bin gekommen, dich zu freien.“

Da lachte Rapunzel, denn die Zauberin hatte sie gelehrt, bedingungslosen Gehorsam zu verweigern. „Niemals“, rief sie dem verärgerten Werber zu. „Ich will nicht mit dir gehen, sondern viel lieber hierbleiben und leben, wie mir der Sinn steht.“ Der Prinz konnte befehlen, toben und schreien, soviel er wollte, Rapunzel blieb standhaft und ließ ihn nicht in ihren Turm.

 

 

 

 

Anathea Westen

Rapunzel

Sperling Verlag

ISBN: 978-3942104814

Seiten:  228

Altersempfehlung: ab 8 Jahre

Erscheinungsdatum:  31. Januar