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Januar: Jugendsünde - Ein höllischer Vertrag

Ein höllischer Vertrag

 

Evil-in-all leckte sich die Lippen, mit einem bösen Blick trat sie auf ihr Opfer zu. Ihre Stöckelschuhe klackten bedrohlich auf dem ziegelroten Grund. Wimmernd vor Pein igelte sich Marina auf den Boden, flehend schaute sie die Dämonin an.

„Nein, nein, bitte, bitte. Es war nur ein Spiel, es war nur Spiel.“

Die Unholdin lachte laut auf und ergriff die Hand des jungen Mädchens. Marina wand sich, wehrte sich mit Händen und Füßen. Doch Evil ließ nicht locker. Sie drückte ihren goldenen Ring in die Handinnenfläche Marinas, dass diese nur vor Schmerz brüllte.

„Hab dich nicht so, das ist mein Siegel. Nun bist du endgültig in meinem Besitz.“

Marina betrachtete entsetzt das Symbol. Im Schein des in bronzenen Schalen lodernden Feuers erkannte sie ein Pentagramm, das von fünf Flammen umgeben war.

„Aua, warum tun Sie das? Warum ich?“

„Tja, manche Jugendsünden führen zu mir in die Hölle. Mach dir keine Sorgen, auch hier wirst du erwachsen werden. Wie du deine Lehrzeit verbringen willst, hängst von dir ab. Entweder indem du mir treu dienst, oder zu meinem Vergnügen in ewiger Pein. Wozu entscheidest du dich?“

Marina senkte den Kopf. Mutig war sie nie gewesen. Sie gehörte zu jenen Menschen, die eher den leichten, als den schwierigen Weg wählten. „Wenn ich Ihnen diene, komme ich dann frei?“

„Aus der Finsternis gibt es kein Zurück. Da du aber mir ein vernünftiges Mädchen zu sein scheinst, so will ich dir sagen, was für eine glänzende Zukunft dich an meiner Seite erwartet. Ich kann dir Macht, Ruhm, Reichtum und alles, was du dir nur wünschst geben. Aber du musst mir bedingungslos gehorchen, mir immer treu sein, nie wieder in dein altes Leben zurückkehren und vor allem dem Himmel abschwören.“

Macht klang besser als Pein. Davon hatte sie genug in der Schule erfahren. Allmählich verflog ihre Angst.

„Macht? Werde ich stark sein?“

„Sicher.“

Marina richtete sich auf, ihre Schmerzen verebbten mit jedem Bedenken, das sie bei Seite schob. Stark sein. Wie sehr hatte sie sich das gewünscht. Aber sie wollte vorsichtig sein. Sie war schon einmal von den eigenen Mitschülern hintergangen worden. Woher sie den Mut nahm, wusste Marina selbst nicht. Tatsache war, dass sie in dem Moment den vorletzten Fehler beging.

„Wenn es wirklich wahr ist, will ich einen Vertrag. Das letzte Mal wurde mir versprochen, dass ich in Ruhe gelassen würde, wenn ich beim Tarot-Spiel, mitmache. Aber das war nicht wahr.“

Die Teufelin schnippte mit dem Finger. Ein ockerfarbenes Pergament segelte vom Gewölbe herab, neben Marina erschien ein Tintenfass mit einer Rabenfeder.

„Alles steht da drin. Du kannst gerne etwas hinzufügen.“

„Sie haben gesagt, ich dürfte nicht zurück. Aber darf ich wenigstens selbst Thomas abholen?“

Sie wollte ihm nicht weh tun, sie wollte lediglich Thomas das zu spüren geben, was sie selbst Tag für Tag durch ihn und seine Freunde durchlitt. Evil nickte und klatschte begeistert in die Hände.

„Abgemacht. Das wird deine Bewährungsprüfung. Schaffst du es, bekommst du deinen eigenen Machtring, mit dem du jeden

 besiegen kannst.“

Marina überflog den Vertrag und unterschrieb, das Kleingedruckte war ihr entgangen. Sie hatte nur noch Rachegedanken. Nie wieder würde sie irgendwer fertig machen. Je mehr ihr Wunsch nach Vergeltung wuchs, desto besser fühlte sie sich.

Evil rollte den Vertrag zusammen, lächelte hämisch. „Dummes Mädchen. Deine Seele hab ich und die zweite wirst du mir liefern.“, dachte sie.

In Gedanken überlegte sie sich, wie Thomas zu töten war. Dieses Detail hatte sie Marina verschwiegen. Und Marina dachte keine Sekunde daran, dass ein Mord nötig war, um Thomas abzuholen. Sie glaubte, er würde so wie sie, durch einen Bann herkommen. Besser sie hätte nachgedacht, wie er denn zurückkönne, wenn kein Weg von der Finsternis fortführte. Aber die Vorfreude auf den Schrecken hatte ihren Verstand ausgeschaltet, den Schmerz der Markierung verblassen lassen.

 

Bitter sollte ihr Fall werden und eine Unschuldige sollte den höchsten Preis zahlen müssen, um Marina und Thomas zu retten. Julia, ihre Freundin und Helferin würde ihr Leben durch ihren Leichtsinn verlieren. Die Unterschrift war Marinas schlimmster und letzter Fehler gewesen.

 

(Lucy Engel, Autorin aus Luxemburg)

 

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