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Juni - Juckpulver: Böse Falle

Böse Falle

 

„Tür zu!“, rief Tim erschrocken, und Mike stemmte sich sofort von innen dagegen, damit die Holztür des alten Gartenschuppens nicht von außen geöffnet werden konnte.

„Hey, spinnt ihr? Lasst uns rein!“ Sven, Malte und Roger, die drei anderen Mitglieder der Fuchs-Bande, hämmerten gegen das Holz. „Es regnet, ihr Loser!“

Doch Mike kicherte nur. „Ihr werdet schon nicht schmelzen. Der große Meister legt gerade letzte Hand an unser Meisterwerk, also Klappe da draußen. Die Tür geht erst wieder auf, wenn die Falle bereit zum Zuschnappen ist.“

Tim ignorierte das Murren der Freunde ebenso wie das leise Kratzen und Rumpeln an der Hüttenwand, das darauf hinwies, dass die drei sich in den kleinen Unterstand für Feuerholz zurückgezogen hatten. Hoch konzentriert und vorsichtig verteilte er das feine Pulver zwischen den Borsten zweier Besenbürsten, wobei er skeptisch von Mike beobachtet wurde.

„Bist du wirklich sicher, dass das Zeug nicht auf uns herunterrieselt, wenn wir die Dinger über der Tür anbringen?“

„Klar, ich hab’s zuhause ausprobiert, allerdings mit Mehl.“ Er grinste seinen Freund an. „War ne echte Sauerei, bis ich den Dreh raus hatte und hat voll Ärger mit unserer Mutter gegeben, aber Jule hat nichts davon mitbekommen. Hast du die Besenstiele korrekt angebracht?“

„Klaro“, gab Mike zur Antwort. Die beiden Jungen packten die Bürsten, kletterten auf die bereit gestellten Stühle und schoben die präparierten Besenteile vorsichtig in die Hängevorrichtung. Zurück am Boden schoben sie die Stühle an ihren angestammten Platz, um die kleine Bank mit den angeschraubten Besenstielen vor die Tür zu schieben.

„Hm“, gab Tim zufrieden von sich und begutachtete die abenteuerliche Konstruktion noch einmal. „Müsste funktionieren. Lass uns abhauen.“

Die beiden kletterten aus dem Fenster, zogen es hinter sich zu und machten den drei anderen Zeichen, ihnen zu folgen. Es ging nach links, ein Stückchen über die Wiese, und hinein in das einzige Gestrüpp weit und breit.

„Uff, jetzt bin ich aber doch ins Schwitzen gekommen, Jungs. Hat einer was zum Trinken dabei?“ Tim nahm einen kräftigen Schluck aus der angebotenen Cola-Flasche, bevor er zufrieden schnaufte. „So, und jetzt können die Hühner kommen!“

Malte linste auf seine Uhr. „Jau, müssten wirklich gleich auftauchen. Aber von hier können wir die Tür doch gar nicht sehen. Wie sollen wir dann wissen, …“

Doch Roger kicherte dazwischen und boxte ihm auf den Arm. „Mensch, das Wichtigste ist doch, dass sie uns nicht sehen, auf gar keinen Fall misstrauisch werden.“ Sein Grinsen reichte von einem Ohr zum anderen. „Wenn sie die Juckpulver-Falle ausgelöst haben, kriegen wir das auf jeden Fall mit.“

Auch die anderen Jungs kicherten jetzt mit. „Die werden bestimmt so schnell wie ein Düsenjäger aus der Hüte geflitzt kommen. Und genauso laut.“

„Pst“, brachte Tim seine Freunde zum Schweigen. „Da kommen sie.“

Tatsächlich konnten sie das Knirschen der Kieselsteine auf dem Weg hören, aber Malte runzelte die Stirn und flüsterte: „Wieso sagen die denn gar nichts? Die sind doch sonst immerzu am Quasseln.“

Aber die anderen winkten ab. Sie lauschten gebannt, wie sich die alte Schuppentür mit einem Knarzen öffnete…

„Uah, was zum Teufel? Was ist das denn? Verdammte Bälger! Ah, das juckt! Wenn ich euch erwische!“

Die Jungen tauschten einen bestürzten Blick, bevor sie davonstürmten. Das war nicht das erwartete Gequieke der Hühner-Clique; das war das zornerfüllte Gebrüll von Bauer Kampen, dem der alte Schuppen gehörte!

 

Tim beugte sich tief über den Teller, als seine Schwester Jule beim Abendessen mit breitem Grinsen erzählte, dass wohl irgendjemand dem alten Kampen einen Streich gespielt haben musste.

„Stellt euch vor, der will sich mit seiner Flinte auf die Lauer legen, um die Typen zu erwischen.“ Da sie ihn besonders penetrant anstrahlte, war Tim klar, dass sie Bescheid wusste.

Beim gemeinsamen Zähneputzen konnte er es schließlich nicht mehr aushalten. „Wie seid ihr darauf gekommen?“

Ihr Grinsen wurde zwar vom Zahnpasta-Schaum gedämpft, kratzte aber dennoch an seinen Nerven. „Hör mal, wir sind doch nicht blöd. Ihr liegt im Rückstand und braucht dringend einen gelungenen Streich. Ist doch wohl logisch, dass wir besonders vorsichtig sind. Und da ist uns aufgefallen, dass ihr uns hinterherspioniert habt, um unser Geheimversteck zu finden.“ Jule machte eine Pause, putzte fleißig Zähne, bis Tim genervt ans Waschbecken klopfte.

„Was denn? Wir haben extra geheim getan und euch in Kampens alten Schuppen gelockt. Da geht er nur einmal die Woche hin und zwar jeden Dienstag.“

Tim stöhnte. „Dann war der Zettel mit den Angaben für euer nächstes Treffen, den Sven gefunden hat, eine falsche Spur.“

„Genau, irgendwie mussten wir euch ja zum richtigen Zeitpunkt an den falschen Ort locken, nicht wahr?“ Gönnerhaft klopfte Jule ihrem ein Jahr älteren Bruder auf den Rücken. „Damit steht’s jetzt drei zu eins für uns. Und am Ende der Sommerferien werdet ihr es eingestehen müssen – Hühner sind nun mal doch schlauer als Füchse.“

 

(Anathea Westen)

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