Die Sommersonne war längst untergegangen - und selbst die Dämmerung legte sich endlich schlafen, als die Verandatür des alten Hauses leise geöffnet wurde. Lena lauschte noch einmal, bevor sie hinaus in den Garten schlüpfte, doch ihre Eltern und Geschwister schliefen tief und fest.
Sie huschte den Gartenweg entlang bis zum hinteren Gartentor. Vor dort aus führte sie ein kleiner Pfad im Nu zum Waldrand, wo sie sich zwischen zwei Büschen hindurchdrückte, um im dunklen Wald zu landen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Menschen kannte Lena keine Angst vor der Dunkelheit. Aber dafür gab es gute Gründe. Und heute war sie auf dem Weg zu einer sehr speziellen Verabredung. Vorsichtig suchte sie sich ihren Weg zwischen Moos und Wurzeln, denn obwohl der Mond schien, drang nur wenig Licht durch das volle Laub der Bäume.
„Mist“, schimpfte sie verhalten, als sie sich den großen Zeh an einem kleinen Baumstumpf stieß.
„Mist“, wisperte es hinter ihr.
Lena fuhr herum. „Wer ist da?“, zischte sie, bekam aber keine Antwort darauf.
Anathea Westen
Mitternachtsschmaus
ISBN: 978-3-86196-949-5
Seiten: 200
Altersempfehlung: -
Erscheinungsdatum: Mitte Juni 2020